Dienstag, 29. Januar 2013

Was heißt beten eigentlich?

"(...) Beten heißt, nicht nur die Geis­tes­kräfte zusam­men­raf­fen, beten heißt, die Seele hin­ein­tau­chen in Gott in tiefs­ter Demut und Anbe­tung, in wah­rer Liebe und Hin­gabe. Beten heißt, dem Herr­gott anbie­ten eine reine, hei­lige, lie­bende Seele. Beten heißt, in den Him­mel hin­auf­rei­chen und Got­tes Gnade her­ab­ho­len. Wir haben es bit­ter nötig zu rufen: „Herr, lehre uns beten!“

Der Herr hat das tiefe Wort gespro­chen: „Ohne mich könnt ihr nichts tun.“ „Ich bin der Wein­stock, ihr seid die Reben.“ „Wenn ihr in mir bleibt, dann könnt ihr wir­ken.“ „Ohne meine Kraft seid ihr wie Reb­zweige, die aus­ge­schnit­ten wer­den und ver­brannt wer­den.“ 
Und der hei­lige Pau­lus hat das tiefe Wort gespro­chen: „Nie­mand kann sagen: Herr Jesus, außer im Hei­li­gen Geiste.“ Das heißt: Wenn wir beten wol­len, wie es Gott gefällt, dann nur so, dass wir in sei­ner Gnade beten. Beten ist eine Gnade, ein Geschenk Got­tes, eine der größ­ten Gna­den, die Gott den Men­schen geben kann. 

Beten ist etwas Gro­ßes, über alles Irdi­sche erha­ben. „Ohne mich könnt ihr nichts tun.“ Also auch nicht beten. „Nie­mand kann sagen: Herr Jesus, außer im Hei­li­gen Geiste.“

Einer, der es tie­fer erfaßt hat als wir, näm­lich der hei­lige Pfar­rer von Ars, Johan­nes Vian­ney, hat ein­mal in einer Pre­digt gesagt: „Wir hät­ten es ver­dient, nicht beten zu dür­fen. Aber Gott hat uns in sei­ner Güte gestat­tet, dass wir zu ihm spre­chen dür­fen.“ 

Wir hät­ten es ver­dient, nicht beten zu dür­fen. Aber Gott hat uns in sei­ner Güte gestat­tet, dass wir zu ihm spre­chen dür­fen. Weil das Gebet eine Gnade ist, kommt es denen am leich­tes­ten an, zu beten, die in der Gnade leben, die aus der Gnade leben, die mit der Gnade leben. 
Und das sind oft nicht die Gro­ßen die­ser Welt, son­dern die Klei­nen, die Beschei­de­nen, die Demü­ti­gen, die man über­sieht, die man ver­gißt. Die ver­ste­hen häu­fig, gut zu beten. Ihr Gebet dringt durch den Him­mel.

Ich kenne die Ein­wände, die wir alle haben, näm­lich: Mir fehlt die Andacht beim Gebet. Rufen wir: Herr, lehre mich beten! Wir kom­men in das Got­tes­haus, wir besu­chen die hei­lige Messe. Es ist nicht not­wen­dig, dass wir das Gebet­buch in die Hand neh­men. 
Wenn wir nur rufen, die ganze hei­lige Messe: „Herr, lehre mich beten“, dann haben wir die Messe gut mit­ge­fei­ert. „Ich schaffe es nim­mer­mehr. Herr, lehre mich beten!“ Was ist das ein ergrei­fen­des Gebet! 

Und wenn wir nur unser Stam­meln zum Him­mel schi­cken, dann haben wir gut gebe­tet. Aber es würde aus dem Her­zen kom­men. Nur was aus dem Her­zen kommt, fin­det zum Her­zen Got­tes. Wer sich ein­ge­steht, dass er nicht beten kann und dann doch betet und um Gnade fleht, dem ist Gott am aller­nächs­ten.

Es gibt Mit­tel, meine lie­ben Freunde, um andäch­tig zu beten. Die Andacht lei­det häu­fig durch die Länge des Gebe­tes. Ein ein­zi­ges andäch­tig gebe­te­tes Vate­run­ser ist bes­ser als viele, die has­tig und gedan­ken­los her­un­ter­ge­lei­ert wer­den. 

Bes­ser wenige Worte und viel Herz als viele Worte und wenig Herz. 

Dazu ein ande­res: Man muss sich für das Gebet rüs­ten. Wir müs­sen uns schon vor dem Gebet in die Gegen­wart Got­tes ver­set­zen. Man muss sich sam­meln, man muss sich auf­mun­tern, um das Gebet gut zu ver­rich­ten. Wir soll­ten uns ange­wöh­nen, vor jedem Gebet uns zu fra­gen: Was will ich tun? Beten, aber auch gut beten. (...)"

alles aus der Predigt Herr, lehre uns beten von Prof. Dr. Georg May


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